Ähnlich rasant wie die Entwicklung des Footballs in Deutschland ist die des Cheerleadings. Ende der siebziger Jahre wußte bei uns kaum jemand, was Football, geschweige denn was Cheerleading ist.
Inzwischen haben sich in den meisten Städten Footballteams gegründet. Für viele von ihnen gehört es mit dazu, eine Cheerleadergruppe aufzubauen. Obwohl sie mit Elan und Engagement an die Sache herangehen, ist es oft schwierig, genügend qualifizierte Mädchen zu finden- von Männern ganz zu schweigen.
Deshalb sind die meisten deutschen Teams noch weit vom US Leistungsstandard entfernt. Einige werden ihn auch nie erreichen. Das liegt unter anderem daran, daß sie keinen Trainer haben und meist eines der Mädchen, die sich gerade zusammengefunden haben, diese Aufgabe übernimmt. Cheerleader-Trainer sind bei uns immer noch rar.
Nach amerikanischem Vorbild werden mittlerweile auch in Deutschland regionale und nationale Meisterschaften ausgetragen, aber in den USA blickt man auf eine mehr als hundertjährige Geschichte des Cheerleadings zurück. Dabei war Cheerleading ursprünglich eine reine Männerangelegenheit.
1898 traten die ersten Cheerleader als "Einheizer" vor das Publikum und forderten die Zuschauer mit ihren Schlachtrufen auf, die eigene Mannschaft anzufeuern.
In den 20er Jahren wurden zunehmend Megaphone benutzt und tänzerische Elemente in die Darbietung eingebaut.
Daraufhin fand auch das weibliche Geschlecht Zugang in die Gruppen.
An der Oregon State University entwickelte sich das Flash-Card Cheering, bei dem die Zuschauer mit quadratischen Kartons, die verschiedenfarbige Seiten aufwiesen, ausgerüstet wurden. Auf ein Zeichen eines Cheerleaders wurden die Kartons auf bestimmte Seiten gedreht, so daß regelrechte Farbspiele und Bilder entstanden.
Ende der 20er Jahre kam das erste Trainingsbuch für Cheerleader heraus: "Just Yells!" (Nur Schreie).
In den 30er Jahren erschienen die ersten farbigen Pompons, die sich schnell zum Markenzeichen der Cheerleader entwickelten. Waren sie anfangs noch aus Papier oder Wolle und handgefertigt, so sind sie heute maschinell aus Vinyl oder aus Metallfolie hergestellt.
In den 40er und 50er Jahren begann die Blütezeit des Cheerleadings in den USA. Der ersten Schule für Cheerleader folgte mit der "American Cheerleader Association" der erste Verband. Cheerleading wurde zur Massenbewegung. Ab 1967 traten die amerikanischen Cheerleader zu einer Art Meisterschaft an, wobei die Siegerinnen noch durch eine Umfrage ermittelt wurden. Seit 1978 findet jedoch jährlich eine echte Meisterschaft statt, "National Collegiate Cheerleading Championship" genannt.
Bei uns wurden die Cheerleader vor wenigen Jahren noch als Hupfdohlen bezeichnet, doch gewinnen die Programme inzwischen an Qualität und bestehen aus einer guten Mischung aus Akrobatik, Entertainment und Gesang. Die regionalen und nationalen Meisterschaften werden durch strenge Regularien nach amerikanischen Muster ausgetragen.
Im Rahmen des German Bowl wurde 1988 in Berlin erstmals die Performance der Gruppen bewertet. Erster deutscher Cheerleader-Meister wurden die "Pantherettes" aus Düsseldorf, die ihren Vorsprung an Erfahrung nutzen konnten. Die äußeren Bedingungen waren bei dieser ersten Meisterschaft denkbar ungünstig, so daß ein anderer Weg gefunden werden mußte, um die beste Cheerleadergruppe zu ermitteln.
Mit dem Spirit-Bowl wurde 1991 ein Experiment gewagt, eine Veranstaltung nur für Cheerleader. Der Erfolg verpflichtete zum Weitermachen. So wurde 1992 die zweite deutsche Meisterschaft in gleicher Form als eigenständige Veranstaltung in Düsseldorf ausgerichtet. Erstmals setzte sich mit den "Ladies of spirit" von den Bremen Wolverines bei den reinen Damenteams ein Squad vor die "Pantherettes". Sie sorgten damit für eine Wachablösung im deutschen Cheerleading. Deutscher Meister der Mixed Squads wurden die Bayreuth Broncos. Gleichzeitig erkannten die Veranwortlichen, daß aufgrund der ständig steigenden Teilnehmerzahl eine Zugangsberechtigung zur Meisterschaft her mußte.
So wurden im Herbst 1992 erstmals Landesausscheidungen ausgerichtet, wobei nur die beiden Erstplazierten zur deutschen Meisterschaft nach Flensburg reisen durften. 19 Gruppen kämpften um die deutschen Meisterschaft. Die amtierenden Meister brauchten sich nicht zu qualifizieren. Da der Mixed Team-Wettbewerb wegen fehlender Konkurrenz nicht ausgetragen werden konnte, durften die Bayreuth Broncos und die Cologne Crocodiles am Damen-Wettbewerb teilnehmen. In der Pflicht dominierte der Titelverteidiger aus Bremen. Außerdem machte der Neuling Wolfsburg Honeybees eine sehr gute Figur und erhielt die Ehrung des "Most Spirit Teams" für die beste Einstellung überreicht. Vor 1500 Zuschauern und zahlreichen Fernsehstationen konnten die "Ladies of spirit" ihren Titel souverän verteidigen.
Um die deutschen Cheerleader mehr und mehr an den Standard in Übersee heranzuführen, finden mittlerweile auch hierzulande Camps statt. Dort wird unter Anleitung professioneller Trainer 3-4 Tage lang von morgens bis abends intensiv geprobt, getanzt und gelernt. Am Ende des letzten Tages steht ein großer Wettbewerb auf dem Programm, um die besten Teams zu ermitteln und die anderen Gruppen zu motivieren. Die dort gewonnenen Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen werden dazu beitragen, daß sich auch bei uns die Leistungsunterschiede der einzelnen Gruppen ständig verringern.
Die "Cheeky Welps" von den Spandau Bulldogs bei den Damenteams und die "Gold Flash" der Cologne Crocodiles bei den Mixed Teams wurden deutsche Meister bei den vierten deutschen Meistreschaften in Koblenz. 2000 Zuschauer verfolgten das Spektakel in der Sporthalle Oberwerth am 8. März 1994. Insgesamt traten 20 Damen- und drei Mixed Teams bei der Meisterschaft an.
Im Juni 1994 wurde ein entscheidener Schritt in Richtung Europameisterschaft getan. In Stuttgart wurde mit den "Eurobowl Stuttgart Classics 94" ein internationaler Wettbewerb ausgerichtet. Als Sieger gingen die Harburg Rubberducks hervor. Daß in den einzelnen Länder zu recht unterschiedlichen Bedingungen gearbeitet wird, zeigten die Salzburg Bulls, eine der neun angetretene Gruppen. Sie hatten noch nie zuvor einen Wettbewerb absolviert.
Die fünfte deutschen Meisterschaft im Cheerleading fand in Folge des Rückzuges des LV Baden-Württemberg, in der Wilhelm-Dopatka-Halle in Leverkusen statt. Die Cheerleaderbeauftragte des AFVD Petra Gronau beauftragte eine Kölner Agentur mit der Organisation. Die guten Rahmenbedingungen, die die Halle bietet, wurden schlichtweg ignoriert. Neben den Fehlern der letzten Veranstaltungen bezüglich Moderator und Pausen, kamen schlechte Beleuchtung, zu laute Beschallung sowie eine fehlplazierte Pressetribüne hinzu.
Dem zum Trotz boten die Cheerleadergruppen sehr guten Sport, die Damengruppe "Canes Cheerleader" und das Mixed Team "Gold Flash" nutzten den Heimvorteil aus und wurden in ihren Sparten deutsche Meister. Die "Canes Cheerleader" krönten mit dem Titelgewinn, die kontinuierliche Leistungssteigerung in den letzten Jahren. Die Solingen Hurricanes hatten für die Vorbereitung eigens aus den Vereinigten Staaten von Amerika eine Trainerin engagiert.
Ungewöhnlich ist, daß die Purple Jewels aus Ludwigshafen auf den Einsatz von Pompons verzichtete.
Die sechste Auflage der deutschen Meisterschaft fand in der Berliner Sporthalle Charlottenburg statt. die 2300 Zuschauer erlebten eine deutsche Meisterschaft im Cheerleading mit einer strittigen Entscheidung. "Cheeky Welps" bei den Damen und "Blue Angels" bei den Mixed Teams sind die neuen deutschen Meister.
Den "Cheeky Welps" reicht ein mäßiges Programm, das zudem noch unsicher vorgetragen wurde, um sich den deutschen Meisterschaftstitel zu sichern. In einigen Gruppen erregte die Juryleistung für heftige Diskussionen. Bei einigen Cheerleadern löste sich der Frust durch Tränen nur geringfügig.
Der amtierende Meister "Canes Cheerleader" erlebte ein Horror-Wochenende. Zweimal sind Ihnen die Pyramiden eingestürzt, so erreicht sie nur einen elften Rang, trotz des hohen Schwierigkeitsgrades ihres Programms.
Die Munich Cowboys Cheerleader sprachen im ersten Frust über den neunten Platz, sogar davon nie mehr an einer Meisterschaft auftreten zu wollen. Das Squad war direkt von Florida nach Berlin gereist. In den Staaten wurde zwei Wochen hart für die deutsche Meisterschaft trainiert. Sie galten insgeheim als der deutsche Meister.
Das sportliche Niveau insgesamt ist erwartungsgemäß gestiegen, so daß jede Gruppe das Letzte herausholte mußte, was zu häufig in Abstürze endete, da die meistens Mädchen nicht kräftig genug sind.
Die Jury erlebte 1996 ihre größte Veränderung. Zu den Landesmeisterschaften 1996 waren nur ausgebildete Juroren zugelassen.
Die Wolfsburg Honeybees wurden neuer deutscher Cheerleading-Meister der Damen-Squads bei der siebten Austragung der deutschen Meisterschaften. Sie deklassierten am 8. März 1997 die restlichen 19 Teams vor 2700 Zuschauer im Mannheimer Kultur- und Kongresszentrum Rosengarten mit 527 Punkten deutlich. Auf Rang zwei und ebenfalls für die Europa-Meisterschaft qualifiziert sind die Harburg Rubberducks (478 P.).
Der Titelverteidiger Spandau Cheeky Welps landete hinter den Bremen Bravehearts auf Rang vier. Die NRW-Squads plazierten sich mit den Solingen Canes Cheerleader auf Rang fünf und Bochum Blue Stars auf Rang acht und bildeten den drittbesten Landesverband hinter Niedersachsen und Hamburg.
Auch bei den Mixed Teams kam es zur Wachablösung. Den Titel holten sich die Bremen Bravehearts Mixed vor dem Titelverteidiger Hamburg Blue Angels. Sie werden beide Deutschland bei der Europa-Meisterschaft im Juli 1997 vertreten. Die Cheerleader des deutschen Basketball-Meister TSV 04 Bayer Leverkusen erreichten einen fünften Rang.
Die vier der sechs neuausgeschriebenen Jugendtitel gingen ebenfalls in nördliche Richtung. Den Bambini- und den Jugend 1-Titel gingen an die Wolfsburg Blue Wings, die mit drei Titel, die Hälfte aller Titel, zum Top-Team des Jahres avancierten. Der Bambini Mixed-Titel ging an die PeeWee Angels der Hamburg Blue Devils und die Jugend 2-Krone nahmen die Berlin Sparrows entgegen. Für zwei Jugend-Kategorie gab es noch keine Teams (Jugend 1-Mixed, Jugend 2-Mixed).
Die Zuschauer erlebten hervorragenden Sport, der durch eine schwache Veranstaltungsorganisation etwas getrübt wurde.
Die Ausrichtungen der Deutschen Meisterschaften 1998 bis 2000 (Damen- und Mixed-Teams) wurde vom American Football Verband Deutschland (AFVD) an den Veranstalter Hanseatische Sportmarketing GmbH (HSM), Bremen vergeben. In der Vergangenheit hatten sich die Cheerleader-Vertreter eher für einen wechselnden Austragungsort eingesetzt. Als Folge dieser Entscheidung werden in den nächsten Jahren die Südsquads benachteiligt, denn alle drei Meisterschaften sollen in Bremen stattfinden, einen Ausgleich wie einen Reisekostenzuschuß sind nicht bekannt. Die Entscheidung des AFVD einen drei Jahresvertrag mit festem Standort abzuschließen, wird in Insiderkreisen als Entscheidung gegen die Interessen der Cheerleader und die Fans des Sportes Cheerleading gewertet. Die Squads der Hamburg Blue Devils nahmen ohne Erklärung nicht am Wettbewerb teil. Nicht nur das Fehlen der Hamburger trübte die DM weitere Squads mußten wegen Verletzungen mit einer Darbietung passen. Auch das erhoffte Duell der Damengruppen aus Spandau und Wolfsburg blieb aus. Den Cheeky Welps fehlte nach internen Querelen Personal.
Die Deutschen Jugendmeisterschaften 1998 richteten die Neuwied Rockets aus. Die deutschen Meisterschaften 1998 in Bremen und Neuwied dominierten die Gruppen von den Wolfsburg Blue Wings. Insgesamt elf deutsche Squads wurden vom AFVD für die EM 1998 in Schweden nominiert.
Auch die Europa-Meisterschaften stecken in der Krise. Nachdem die Regeln für 1998 bekannt wurden, haben schon Teams aus Großbritannien und Finnland den Boykott angedroht. Die Regel beinhalten keine Sicherheitsbestimmungen mehr wie maximale Bauhöhe von Pyramiden und den Pflichteinsatz von Spotter. Außerdem sollen keine geschulten Jurymitglieder eingesetzt werden. Bereits 1997 kam es nur durch einen Kraftakt der Stuttgart Bats in Zusammenarbeit mit einer amerikanischen Cheerleader-Organisation zu einer Ausrichtung der Meisterschaft.
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